U22-EM: Ein Sieg und fünf Nie­der­la­gen in den Vier­tel­fi­na­len des fünf­ten Tages

Kevin Boakye Schumann rückt ins Halbfinale vor

Die Vier­tel­fi­nal­be­geg­nun­gen am fünf­ten Tag der Europ­meis­ter­schaf­ten an der ita­lie­ni­schen Adria­küs­te lich­te­ten die Rei­hen der Medail­len­an­wär­ter im deut­schen Team lei­der deut­lich: Von den sechs ange­setz­ten Begeg­nun­gen mit Betei­li­gung von Sport­lern des DBV konn­te nur eine gewon­nen wer­den. Den Leis­tungs­nach­wei­sen der Ath­le­ten wird die­ses Tages­er­geb­nis indes nicht ganz gerecht: Bei einem, wenn nicht gar zwei wei­te­ren Kämp­fen hät­te man auch ein ande­res Ergeb­nis erwar­ten dürfen.

Vier­tel­fi­na­le: David Gkevorg­ki­an ver­liert nach Punk­ten gegen Rus­lan Rusta­mov aus Azerbaidschan

Im ers­ten Vier­tel­fi­nal­kampf des heu­ti­gen Wett­kampf­ta­ges mit deut­scher Betei­li­gung traf David Gkevorg­ki­an in der Gewichts­klas­se bis 64 kg auf den Azer­bai­dscha­ner Rus­lan Rusta­mov. Der Ver­gleich der bei­den Rechts­aus­le­ger fiel im ers­ten der drei Durch­gän­ge mit 4:1 zuguns­ten Rusta­movs aus. Die Punkt­rich­ter moch­ten mit ihrer Ent­schei­dung die höhe­re Akti­vi­tät des Azer­bai­dscha­nen belohnt haben. Ent­spre­chend zeig­te sich David Gkevorg­ki­an in der zwei­ten Run­de deut­lich enga­gier­ter und fokus­sier­ter. Gute Bein­ar­beit und gute Meid­be­we­gun­gen lie­ßen vie­le Angrif­fe des Geg­ners ins Lee­re gehen. Aus effek­ti­ver Distanz­kon­trol­le setz­te der Deut­sche statt­des­sen auch immer wie­der eige­ne Tref­fer. Dass Rusta­mov nun inner­halb von nur kur­zer Zeit drei­mal den Zahn­schut­zes ver­lor, führ­te nicht nur zu einer Ver­war­nung mit Punkt­ab­zug, son­dern unter­strich auch, dass dem Azer­bai­dscha­nen in der zwei­ten Run­de die Kon­trol­le des Kamp­fes ent­glitt. Die drit­te Run­de bot im Wesent­li­chen ein ähn­li­ches Bild: Der Deut­sche kon­trol­lier­te das Gesche­hen, erziel­te zu Beginn der drit­ten Minu­te einen Wir­kungs­tref­fer, der auch zum Anzäh­len hät­te füh­ren kön­nen und über­zeug­te auch im End­spurt. So war es mehr als über­ra­schend und nicht ganz nach­voll­zieh­bar, dass der Kampf am Ende mit 3:2 Punkt­rich­ter­stim­men an Rusta­mov ging.

Vier­tel­fi­na­le: Salah Ibra­him unter­liegt nach Punk­ten dem Rus­sen Akh­tem Zakirov

Mit dem Rus­sen Akh­tem Zaki­rov war Salah Ibra­him in der Gewichts­klas­se bis 52 kg ein schwie­ri­ger Vier­tel­fi­nal­geg­ner zuge­fal­len. Die Grö­ßen­vor­tei­le des Deut­schen ver­moch­te Zaki­rov effek­tiv zu eli­mi­nie­ren, indem er in allen drei Run­den nur eine Marsch­rich­tung kann­te: Mit sei­ner mas­siv vor­ge­tra­ge­nen Vor­wärts­be­we­gung und hoher Schlag­fre­quenz über­wand der die von Salah Ibra­him bevor­zug­te lan­ge Distanz. Das war durch­aus von hoher Effi­zi­enz, denn für das anschlie­ßen­de Geran­gel bestraf­te der Ring­rich­ter den Deut­schen mit einem Punkt­ab­zug für fort­ge­setz­tes Hal­ten. Das Ergeb­nis der ers­ten Run­de bestärk­te Zaki­rov in sei­ner Tak­tik, so dass der zwei­te Durch­gang die­ses Kamp­fes ein ganz ähn­li­ches Bild abgab. Mit Druck und Akti­vi­tät zwang er Salah Ibra­him trotz sei­ner Beweg­lich­keit letzt­end­lich immer wie­der in die Nah­di­stanz, in der er als der klei­ne­re Boxer auch sta­bi­ler war. So gab Salah Ibra­him auch die­se mitt­le­re der drei Run­den ab und star­te­te mit einem nahe­zu aus­sichts­lo­sen Rück­stand in die letz­te Run­de, die einen ähn­li­chen Ver­lauf nahm. Der deut­sche Ath­let steck­te zu kei­nem Zeit­punkt auf, aber als er nach der ers­ten Minu­te der drit­ten Run­de noch ein­mal wegen des zu tief gehal­te­nen Kop­fes ver­warnt wur­de, war klar, dass jetzt nur noch ein Nie­der­schlag den Kampf dre­hen kön­nen wür­de. Ein sol­cher Nie­der­schlag (in die­ser leich­ten Gewichts­klas­se sowie­so sel­ten) moch­te aber nicht mehr gelin­gen, obwohl Ibra­him noch ein­mal mehr Kraft in sei­ne Schlä­ge leg­te. Als die neun Minu­ten vor­bei waren, war das Urteil klar: Der Kampf ging mit 5:0 Punkt­rich­ter­stim­men an den Rus­sen Akh­tem Zakirov.

Vier­tel­fi­na­le: Umar Baj­wa ver­liert nach Punk­ten gegen den Iren Bri­an Hession

In der Gewichts­klas­se bis 56 kg muss­te sich Umar Baj­wa in sei­nem Vier­tel­fi­nal­kampf mit dem Iren Bri­an Hes­si­on ver­glei­chen. Der Kampf der bei­den Nor­mal­aus­le­ger star­te­te zunächst auf Augen­hö­he, doch etwa in der Mit­te der ers­ten Run­de gelang es dem Iren, sich mit höhe­rer Akti­vi­tät und auch mehr Tref­fern all­mäh­lich, aber eben doch kon­se­quent, Vor­tei­le zu erbo­xen. Die sport­li­che Leis­tung des Iren gab den Punkt­rich­tern die Argu­men­te, die­sen ers­ten Durch­gang ein­stim­mig Bri­an Hes­si­on zuzu­spre­chen. Den Auf­takt der der zwei­ten Run­de gestal­te­te Umar Baj­wa wie­der offen­siv in der Vor­wärts­be­we­gung. Doch erneut war es der Ire, der sich den Kampf wie­der­hol­te. Dabei ver­moch­te der Sport­ler des DBV in der drit­ten Minu­te die­ses mitt­le­ren Drit­tels wie­der gute Tref­fer zu set­zen, aber sie reich­ten eben nicht aus, die Punkt­rich­ter auf sei­ne Sei­te zu brin­gen: Auch die­se Run­de ging ein­stim­mig an die rote Ecke. In der letz­ten Run­de ließ es der Ire, sei­nes Vor­sprungs bewusst, zunächst ruhi­ger ange­hen und hielt mit sei­ner Führ­hand die lan­ge Distanz. Als Umar Baj­wa zu Beginn der drit­ten Run­de mit offe­ner Deckung zu arbei­ten begann, nahm sein Kon­tra­hent die Ein­la­dung an und erziel­te einen Wir­kungs­tref­fer, der lei­der zum Anzäh­len des Deut­schen führ­te. Dies sowie die zum Ende des Kamp­fes wie­der gestie­ge­ne Akti­vi­tät des Iren bedeu­te­te auch den siche­ren Gewinn der letz­ten Run­de und somit des gan­zen Kamp­fes, der mit 5:0 Punkt­rich­ter­stim­men an den Iren ging.

Vier­tel­fi­na­le: Kevin Boakye Schu­mann gewinnt nach Punk­ten über Vakhtang Haru­ty­u­n­yan aus Armenien

Im Mit­tel­ge­wicht bis 75 kg hat­te Kevin Boakye Schu­mann die Auf­ga­be, sich mit Vakhtang Haru­ty­u­n­yan aus Arme­ni­en zu mes­sen. Kevin Boakye Schu­mann star­te­te die Run­de mit einer varia­bel und blitz­schnell ein­ge­setz­ten Führ­hand, die den immer wie­der her­an­ma­schie­ren­den Geg­ner gut auf Distanz hielt. Wo der Arme­ni­er die­se Außen­ver­tei­di­gung durch­bre­chen konn­te, ent­zog sich der deut­sche Ath­let meist mit sei­ner Wen­dig­keit. Die Tak­tik ging auf: Mit 3:2 Punkt­rich­ter­stim­men spra­chen die Unpar­tei­ischen die Run­de dem deut­schen Boxer zu. In der zwei­ten Run­de über­rasch­te, dass der Deut­sche wegen Hal­tens punkt­wirk­sam ver­warnt wur­de, obwohl sich dies nicht etwa durch vor­an­ge­hen­de Ermah­nun­gen ange­kün­digt hat­te. Die Run­de ging denn auch an den Arme­ni­er, der (den Punkt­ab­zug durch die Ver­war­nung ein­ge­rech­net) nun in der Zwi­schen­wer­tung mit 5:0 Punkt­rich­ter­stim­men führ­te. Der Kampf öff­ne­te sich jedoch wie­der in der letz­ten Run­de, als nun Haru­ty­u­n­yan sei­ner­seits wegen des zu tief gehal­te­nen Kop­fes mit einen Punkt­ab­zug bestraft wur­de. Deut­li­che Tref­fer des DBV-Boxers auch in die­sem letz­ten Drit­tel des Kamp­fes sorg­ten so nicht nur für den Gewinn die­ser fina­len Run­de, son­dern auch des gan­zen Gefechts, das Kevin Boakye Schu­mann schluss­end­lich mit 5:0 Punkt­rich­ter­stim­men für sich ent­schei­den konn­te. Mit die­sem Sieg und dem Errei­chen des Halb­fi­nals war ihm eine Medail­le und ein Platz auf dem Sie­ger­po­dest sicher.

Vier­tel­fi­na­le: Ben Nosa Ehis muss sich nach Punk­ten Ham­bardz­um Hako­by­an aus Arme­ni­en geschla­gen geben

Im nächs­ten Vier­tel­fi­nal­kampf mit deut­scher Betei­li­gung tra­fen Ben Ehis und Ham­bardz­um Hako­by­an im Gewichts­li­mit bis 81 kg auf­ein­an­der. Der Kampf begann gleich mit hoher Inten­si­tät und behielt die­se Hand­lungs­dich­te bis zur letz­ten Sekun­de der letz­ten Run­de. Bei­de Kon­tra­hen­ten such­ten und hiel­ten die Halb- und Nah­di­stanz über nahe­zu den gesam­ten Kampf­ver­lauf hin­weg. Mit guter Aus­dau­er aus­ge­stat­tet hiel­ten sie auch die Hand­lungs­dich­te auf einem sehr hohen Niveau. Doch weil die Punkt­rich­ter sich immer für einen der bei­den Ath­le­ten als Run­den­sie­ger ent­schei­den müs­sen, wir­ken Rund­en­er­geb­nis­se gele­gent­lich ein­deu­ti­ger als sie sind: Die fünf Unpar­tei­ischen gaben das ers­te Drit­tel jeden­falls ein­stim­mig an den Arme­ni­er, aber man darf davon aus­ge­hen, dass ihnen die­se Ent­schei­dung nicht leicht gefal­len war. Der Kampf hielt in den fol­gen­den bei­den Run­den das Tem­po und Niveau der ers­ten Run­de und bewies damit die guten kon­di­tio­nel­len Fähig­kei­ten bei­der Sport­ler. Bei der hohen Akti­vi­tät in den enge­ren Distan­zen war das Gefecht sicher­lich nicht leicht zu punk­ten, aber die Ergeb­nis­se der bei­den wei­te­ren Run­den (jeweils eine Split-Decis­i­on mit 3:2 für den Arme­ni­er) spie­gel­ten nun wenigs­tens wider, dass es wirk­lich ein Kampf auf Augen­hö­he war, der schluss­end­lich knapp mit 4:1 Punkt­rich­ter­stim­men an den Kon­tra­hen­ten des deut­schen Boxers ging.

Vier­tel­fi­na­le: Tur­pa Hutaev ver­liert durch Dis­qua­li­fi­ka­ti­on gegen Dmy­t­ro Lov­chyn­skyi aus der Ukraine

Unter einem unglück­li­chen Stern stand aus deut­scher Sicht das Vier­tel­fi­na­le im Super­schwer­ge­wicht über 91 kg, zu dem Tur­pa Hutaev in den Ring geru­fen wur­de. Er stand dem Ukrai­ner Dmy­t­ro Lov­chyn­skyi gegen­über, der aus der blau­en Ecke her­aus box­te. Der Deut­sche war sei­nem Geg­ner an Grö­ße, Reich­wei­te und Gewicht über­le­gen, doch die­se Vor­tei­le konn­ten nicht recht zur Anwen­dung kom­men, da der Ukrai­ner es schon bald in der ers­ten Run­de ver­stand, die Distanz zu ver­kür­zen. Damit beraub­te er Tur­pa Hutaev sei­ner wirk­sams­ten Waf­fen. Mehr noch: Er zwang ihm ein Geran­gel auf, das recht bald dar­in ende­te, dass Hutaev die Arme des Geg­ners blo­ckier­te. Die­ses Hal­ten des Geg­ners wur­de schon in der ers­ten Run­de vom Ring­rich­ter ermahnt. Die Punkt­rich­ter wer­te­ten das ers­te Drit­tel des Ver­gleichs ein­stim­mig zuguns­ten des Ukrai­ners. Als sich das Bild der ers­ten Run­de im zwei­ten Durch­gang fort­setz­te, dau­er­te es nicht lang bis zu ers­ten punkt­wirk­sa­men Ver­war­nung. Für den Ukrai­ner bestand kein Grund, sei­ne Tak­tik zu ändern, hat­te sie doch nach­weis­lich ihren Erfolg. Ent­spre­chend ging es im Kampf wei­ter, so dass gegen Ende der Run­de nun tat­säch­lich eine zwei­te Ver­war­nung erfolg­te. Mit die­sem zwei­ten Punkt­ab­zug war der bevor­ste­hen­de, letz­te Durch­gang gleich mit zwei Hypo­the­ken belas­tet: Zum einen war der Punk­te­vor­sprung des Ukrai­ners durch die bei­den Punkt­ab­zü­ge so sehr ange­wach­sen, dass für den Deut­schen ein Sieg nur noch durch ein vor­zei­ti­ges Ende mög­lich gewe­sen wäre. Zum ande­ren wür­de eine ein­zi­ge wei­te­re Ermah­nung unwei­ger­lich zur Dis­qua­li­fi­ka­ti­on füh­ren. Es kam, wie es kom­men muss­te: Ein wei­te­res Hal­ten führ­te schließ­lich zur Dis­qua­li­fi­ka­ti­on des deut­schen Superschwergewichtlers.

Kevin Boakye Schu­mann siegt im Vier­tel­fi­na­le der Euro­pa­meis­ter­schaft über den Arme­ni­er Haru­ty­u­n­yan und zieht damit ins Halb­fi­na­le des Tur­niers ein.