»Hier kann ich einfach nicht verlieren«, hat Stefanie von Berge laut Selbstauskunft jeden Morgen gedacht, wenn sie ihr Hotelzimmer verließ – am Rande der Kölner Altstadt, nur wenige Kilometer von zuhause entfernt. Und so kam es dann auch, von Samstag bis zum Dienstagabend. Keine andere Starterin am internationalen Cologne Boxing Cup ist wohl so reibungslos ins Finale geglitten wie die 22-jährige Medizinstudentin bei ihrem Heimspiel im Schatten des Doms. Sowie auch ganz oben auf dem Treppchen gelandet, weil ihr im letzten Match des Weltergewichts eine süße Revanche gegen Rosie Eccles gelang – jener um fünf Jahre älteren Kontrahentin aus Wales, gegen die sie an einem Turnier im Sommer noch knapp (2:3) nach Punkten verloren hatte.
Alle fünf Punktrichter hatten die Europameisterin vom SC Colonia 06 am Ende vorn, ebenso wie in den Begegnungen zuvor. Völlig zu Recht übrigens, denn in Topform setzt von Berge das fundamentale Motto der edlen Faustfechtkunst – treffen, ohne selbst getroffen zu werden – annähernd perfekt um. Die paar Gegentreffer in der Schlussrunde nahm sie wohlkalkuliert in Kauf: Sie hatte die ersten zwei Durchgänge bereits auf dem Konto, wie Vater Serge und DBV-Chefcoach Eddie Bolger ihr in der Ecke sekundierten, »und in zehn Tagen fahre ich schon zur U22-EM, da wollte ich nichts mehr riskieren.«
Der klare Sieg im »Heimspiel« fügte sich bestens in die Gesamtbilanz des deutschen Verbands. Von den sieben DBV-Aktiven, die sich bis dahin durchgeboxt hatten, konnten sich gleich fünf auch im Finale behaupten. Dazu zählen der willensstarke Magomed Schachidov (Halbmittelgew.), Nikita Putilov (Superschwergew.) und nicht zuletzt Salah Ibrahim (Fliegengew.), der mit der methodischen Abfertigung des jungen Kubaners Giovis Salfran Mejias nach Ansicht versierter Augenzeugen den Kampf des Abends hingelegt hatte. Nicht zu vergessen der mehrheitliche Punktsieg (4:1), den die in Chemnitz entwickelte und nun am Stützpunkt in Frankfurt/Oder betreute Maxi Klötzer im Halbfliegengewicht gegen die Engländerin Demi Jade Resztan einfahren konnte.
Am Ende des Tages wies die Medaillenwertung die DBV-Staffel als erfolgreichste von zwölf teilnehmenden Mannschaften aus, noch vor Kuba, England und Wales. Was das im Einzelfall bedeutet, wird der Trainerstab um Chefcoach Eddie Bolger und Sportdirektor Michael Müller noch genauer aufarbeiten. Klar ist, dass Kubas Verband eingedenk der fast parallel ausgetragenen Panamerikanischen Spiele, die auch Qualifikation für Olympia waren, nicht in jedem Limit seine erste Garnitur aufgeboten hat. Andere, notorisch starke Boxnationen wie Kasachstan und Usbekistan, Irland oder die USA waren ohnehin nicht am Start. Aber man kann ja nur die Boxer und Boxerinnen schlagen, die einem im Seilgeviert gegenüberstehen — und das haben Stefanie von Berge & Co. recht erfolgreich praktiziert.