Kla­ra Recker: Es ist ihr eine Ehre

Wir sind der DBV

Auf den ers­ten Blick sind das viel­leicht nur erstaun­lich vie­le Figu­ren und Gesich­ter, die ihren Schweiß zum frü­hen Abend im Box­zen­trum Müns­ter las­sen – einem ansehn­li­chen Neu­bau an der Aus­fall­stra­ße Rich­tung Flug­ha­fen Münster/Osnabrück. Doch für Kla­ra Recker ste­cken Geschich­ten hin­ter dem Schweiß, die sie bein­dru­ckend fin­det. Wie die Geschich­te eines heu­te 23-jäh­ri­gen, der nach vie­len, zähen Jah­ren end­lich einen guten Job sowie ein hohes sport­li­ches Niveau im Ring erobert hat, wie sie beob­ach­ten konn­te. »Der hat sich hier sei­nen per­sön­li­chen Weg erar­bei­tet«, sag­te sie mit spür­ba­rer Empathie.

Oder der flin­ke Youngs­ter dort am Ring, knapp 20 Jah­re alt: »Das war ein Teen­ager, der der Poli­zei bekannt war. Der hat sich bei uns im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes eine kon­struk­ti­ve Alter­na­ti­ve zur Lebens­ge­stal­tung erkämpft«, erzählt Recker. Und nicht zuletzt jener 30-jäh­ri­ge mit vie­len per­sön­li­chen Pro­ble­men, von dem nie­mand erwar­tet hät­te, dass er eines Tages mal als all­seits respek­tier­ter Trai­ner am Stand­ort wirkt: Ein Übungs­lei­ter, zu dem die Jün­ge­ren heu­te aufblicken.

Sol­che Wand­lun­gen zei­gen der 60-jäh­ri­gen Frau, was der Box­sport im bes­ten Fal­le alles ansto­ßen kann. Und bestär­ken sie bis heu­te dar­in, mit ihrem ehren­amt­li­chen Enga­ge­ment wei­ter­zu­ma­chen. Denn sie sind, bei allem Respekt, im Zwei­fel noch wich­ti­ger als die sil­ber­ne Ehren­na­del, die der dama­li­ge DBV-Prä­si­dent Erich Dre­ke ihr letz­tes Jahr auf der Mit­glie­der­ver­samm­lung des Ver­eins über­reich­te – sehr zu ihrer Freu­de, aber eben­so auch zu ihrer Ver­blüf­fung. Bei der Gele­gen­heit hat sie sich für die Wert­schät­zung bedankt – aber auch auf die ver­wie­sen, die man eben­so gut hät­te aus­zeich­nen können.

Die prag­ma­ti­sche Linie: Da mit­mi­schen, wo es gera­de nötig ist

Der DBV schätzt vor allem die Kon­ti­nui­tät und Effi­zi­enz, mit der die ehe­ma­li­ge Hand­bal­le­rin eines Regio­nal­li­ga-Teams aus Wett­rin­gen hier seit zwölf Jah­ren auf­kreuzt – jeden Mon­tag nach der Arbeit in einem Rei­se­bü­ro sowie bei Bedarf. Dann küm­mert sie sich um Orga­ni­sa­ti­on und Finan­zen, Mit­glie­der­be­treu­ung und Spon­so­ren­pfle­ge. »Wo ich unter­stüt­zen kann, packe ich mit an«, lau­tet ihr Cre­do. So ist sie längst Koor­di­na­ti­ons- und Anlauf­stel­le für fast 400 Ver­eins­mit­glie­der gewor­den – und bes­tes Bei­spiel für all die Ehren­amt­li­chen, die den knapp 900 Mit­glieds­ver­ei­nen des DBV zusätz­li­che Ener­gien verleihen.

Die­se Tätig­keit berei­chert sie um Erleb­nis­se, die ihr am Ende des Tages etwas bedeu­ten. »Ich mach′ das mit Herz­blut und weil es mir Freu­de berei­tet«, sagt sie in ihrer gerad­li­ni­gen Art. In dem Sin­ne hat sie sich seit jeher mit hoher Moti­va­ti­on eingebracht. 

Die Ver­knüp­fung von Bil­dung und Sport hat mich moti­viert, hier mit­zu­ma­chen und mich zu kümmern.

Der Box­ring war ter­ra inko­gni­ta für Kla­ra Recker, bis sie über eine Kol­le­gin auf Prof. Dr. Farid Vat­an­pa­rast stieß. Der pro­mo­vier­te Betriebs­wirt ira­ni­scher Her­kunft hat­te in der Box­ab­tei­lung vom BSK Ahlen das Faust­fech­ten erlernt und stand vor einer Pro­fi-Kar­rie­re, als ihn ein Auto­un­fall stopp­te. Fort­an ver­la­ger­te er sei­ne sport­li­chen Ambi­tio­nen aufs Trai­nie­ren und ent­wi­ckel­te »Farid´s Qua­li­Fight­ing«: Ein inte­gra­ti­ves Betreu­ungs­kon­zept, das schu­li­sche wie sport­li­che Ent­wick­lung mit­ein­an­der ver­knüpft, getreu dem Mot­to »Ohne Schul­buch kei­ne Boxhandschuhe«.

Wer hier boxen ler­nen will, muss sich an dem vor­ge­ge­be­nen Kon­zept ori­en­tie­ren: Sin­ken die Noten, wird das Gespräch mit den Jugend­li­chen gesucht, und gege­be­nen­falls fällt das Trai­ning für eine Zeit­lang aus. »Die­se Ver­knüp­fung von Bil­dung und Sport hat mich moti­viert, hier mit­zu­ma­chen und mich zu küm­mern«, sagt Kla­ra Recker. Das hieß ab 2011: Erst­mal in der alten Hal­le, gleich neben­an, auf engs­tem Raum zu impro­vi­sie­ren. »Dort stan­den drei Tische für 20 Jugend­li­che zur Ver­fü­gung, die Nach­hil­fe­leh­rer hock­ten mit den Jugend­li­chen zum Teil drau­ßen auf dem Flur. Mehr ›Basic‹, um trotz­dem Leis­tun­gen zu for­dern, ging nicht.«

Das dua­le Kon­zept: Per­for­mance im Gym wie in der Schu­le steigern

Mit der neu­en, 2013 durch Ehren­gast Vita­li Klit­sch­ko, dem Ers­ten Vor­sit­zen­den Dr. Ulrich The­len und Prof. Dr. Farid Vat­an­pa­rast (2. Vor­sit­zen­der) eröff­ne­ten Box­hal­le nahm dann eine Erfolgs­ge­schich­te Tem­po auf, an der auch Kla­ra Recker ihren Anteil hat. Sie konn­te manch poten­tes Unter­neh­men aus der Regi­on als Spon­sor sowie eini­ge Ent­schei­der dar­in als Mit­glie­der im Bei­rat gewin­nen. Mit die­ser Power im Rücken brach­te der in ›Box­zen­trum Müns­ter‹ umbe­nann­te Ver­ein bald west­deut­sche und deut­sche Meis­ter, ja sogar eine Vize­welt­meis­te­rin (Car­lot­ta Schü­ne­mann) in den Nach­wuchs-Klas­sen her­vor – und vie­le Schul­ab­gän­ger mit mitt­le­rer Rei­fe oder Abitur.

Auf dem Weg dahin muss­te indes immer wie­der um Ver­ständ­nis dafür gewor­ben wer­den, »dass hier gleich­zei­tig sport­li­che Leis­tung und Bil­dung geför­dert wird«, wie Recker betont. Dar­über hin­aus ist es das erklär­te Anlie­gen, Jugend­li­che im Trai­ning mit Spit­zen­ath­le­ten zusam­men­zu­füh­ren, um ihnen den Zugang zu die­sem Sport zu erleich­tern – und sie durch deren Bei­spiel zu ermu­ti­gen, auch in schwie­ri­gen Pha­sen dran­zu­blei­ben. Den Wert die­ser Arbeit hat inzwi­schen auch das Jugend­amt der Stadt sehr gut erkannt. Des­sen För­der­gel­der und sons­ti­ge Unter­stüt­zung hel­fen dem Ver­ein sehr.

Und was gibt es Schö­ne­res, fragt Kla­ra Recker rhe­to­risch, als wenn Kin­der, die vor­her nur man­gel­haf­te bis unge­nü­gen­de Schul­leis­tun­gen erbracht haben, plötz­lich stolz mit einer Vier in die Hal­le kom­men? »In sol­chen Momen­ten füh­le ich mich bestä­tigt, dass mei­ne ehren­amt­li­che Tätig­keit am rich­ti­gen Ort zum Tra­gen kommt«, sagt Kla­ra Recker – und strahlt dabei so ver­gnügt, dass sich jede wei­te­re Fra­ge erübrigt.


Kla­ra Recker