Gewichts­klas­se bis 91 kg

  • Ammar Riad Abdul­jab­bar ist 1995 gebo­ren und trai­niert am Bun­des­stütz­punkt Hannover.
  • Das euro­päi­sche Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nier im März 2020 in Lon­don wur­de coro­nabe­dingt abge­bro­chen, bevor er sei­nen ers­ten Kampf hatte.
  • Wenn das Tur­nier zum Stand sei­nes Abbruchs fort­ge­setzt wird, wird er wie­der dabei sein.

Das Ath­le­ten­por­trait

Ammar Riad Abdul­jab­bar hat einen wei­ten Weg genom­men. Als er mit 15 Jah­ren sei­nem Vater nach Deutsch­land folgt, hat er kei­ner­lei Erfah­rung mit Euro­pa und dem Leis­tungs­sport. Dafür hat er im Irak schon so man­chen Job ver­rich­tet, der die Rumpf­fa­mi­lie über­le­ben lässt – von der Bau­stel­le bis zum Gemü­se­stand. Er ist ein Kämp­fer vor dem Herrn, der über­all, nur noch nie in einem Ring gekämpft hat. Und das auch nicht beson­ders mag, als er es in Ham­burg auf Wunsch des Vaters hin pro­biert. »Es war mir zu anstren­gend«, erin­nert er, »und ich hat­te kaum Talent. Aber ich dach­te: Dein Vater tut alles für dich, tu das für ihn.«

Aus dem Irak in die Nationalmannschaft

Acht Jah­re spä­ter (2018) ist Abdul­ja­bar Team­ka­pi­tän der Ham­burg Giants in der 2. Bun­des­li­ga und erobert bei den deut­schen Meis­ter­schaf­ten den Titel im Schwer­ge­wicht. Der unwahr­schein­li­che Erfolg fühlt sich »wun­der­schön« für ihn an, »ich hat­te bis­her ja kei­ne Auf­merk­sam­keit für mich«. Dazu bestä­tigt er ihn in sei­ner ambi­tio­nier­ten Phi­lo­so­phie. »Es gibt nichts Unmög­li­ches im Leben«, ist er fest über­zeugt. Des­halb gilt: »Arbei­te dafür, glau­be dar­an, sei dis­zi­pli­niert, dann kannst du alles schaffen.« 

Es gibt im A‑Kader des DBV in der Tat kein grö­ße­res Men­ta­li­täts-Mons­ter als den Spät­ein­stei­ger von der Elbe. Was ihm gele­gent­lich an Fein­schliff und Rou­ti­ne fehlt, gleicht er durch Ehr­geiz und unbeug­sa­men Wil­len min­des­tens aus. Außer­dem hört er sei­nen Trai­nern in Ver­ein und Ver­band genau zu, um sich tech­nisch-tak­tisch wei­ter zu stei­gern. Das schließt ein, dass er bei allem Offen­siv­drang auch mal die Hän­de hoch­nimmt: »Sie sag­ten mir, du willst doch bestimmt noch ein paar Jah­re leben…« 

Das Men­ta­li­täts-Mons­ter von der Elbe

Die ers­ten Ein­sät­ze auf inter­na­tio­na­len Tur­nie­ren haben ihn zusätz­lich nach vor­ne gebracht. »Seit­dem kann ich im Ring den­ken. Frü­her hab’ ich nur mei­ne gan­ze Power ein­ge­setzt.« Der drit­te Platz beim Colo­gne-Cup 2019 ist ja mehr als ein Ach­tungs­er­folg, und die Nie­der­la­ge gegen den vier­fa­chen kuba­ni­schen Welt­meis­ter und Olym­pia­sie­ger Julio César La Cruz fällt im März 2020 knap­per als erwar­tet aus. »Wenn ich da mit­hal­ten konn­te, kann ich auch noch bes­ser wer­den«, ist er sicher. »Ich will die­se Kon­kur­renz, will gegen die Stärks­ten boxen …« 

So spricht einer, der auf den Geschmack gekom­men ist und sich von nichts und nie­mand run­ter­zie­hen lässt. Es war frus­trie­rend, als die Qua­li­fi­ka­ti­on fürs olym­pi­sche Tur­nier einen Tag vor sei­nem ers­ten Kampf in Lon­don abge­bro­chen wur­de, »aber ich hat­te schon schlim­me­re Erleb­nis­se, und Auf­ge­ben gehört nicht zu mei­nem Leben.« Der Lock­down gab ihm Gele­gen­heit, end­lich mal in Fami­lie zu machen und gleich­zei­tig noch geziel­ter zu trai­nie­ren. Noch schnel­ler zu wer­den, noch kompakter.



Das gesam­te Team des DBV für die Olym­pi­schen Spie­le in Tokyo: