Gewichts­klas­se über 91 kg

  • Nel­vie Tia­fack ist 1999 gebo­ren und trai­niert am Bun­des­stütz­punkt Köln.
  • Das euro­päi­sche Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nier im März 2020 in Lon­don wur­de coro­nabe­dingt abge­bro­chen, bevor er sei­nen ers­ten Kampf hatte.
  • Wenn das Tur­nier zum Stand sei­nes Abbruchs fort­ge­setzt wird, wird er wie­der dabei sein.

Das Ath­le­ten­por­trait

Eigent­lich müss­te ihm schwind­lig wer­den bei dem Tem­po. Sechs Jah­re nach sei­ner ers­ten Trai­nings­stun­de im Faust­kampf kann Nel­vie Tia­fack schon eine statt­li­che Rei­he an Meri­ten vor­wei­sen. Er ist mit 19 Jah­ren deut­scher Meis­ter in der Eli­te-Klas­se gewor­den, beleg­te bei der EM 2019 in Minsk den drit­ten Platz, erreich­te bei den Welt­meis­ter­schaf­ten im glei­chen Jahr das Vier­tel­fi­na­le und ran­giert zum Herbst 2020, mit 21 Jah­ren, in der glo­ba­len AIBA-Rang­lis­te an vier­ter Stel­le. So schnell geht es in der Königs­klas­se des olym­pi­schen Boxens sel­ten bis nie auf abso­lu­tes Top-Niveau hinauf. 

Platz 4 der AIBA-Rangliste

Wen wun­dert es also, dass der kolos­sa­le Auf­stei­ger aus Bergheim/Erft gera­de als größ­tes deut­sches Faust­pfand auf wei­te­re Erfol­ge und Medail­len gehan­delt wird? Ihn selbst jeden­falls nicht. »Ich sehe ja mei­ne Fort­schrit­te und bin ent­spre­chend begeis­tert«, erklärt er. Und: »Die­se Erfol­ge zei­gen mir, dass mei­ne Zie­le mög­lich sind.« In die­sem Sin­ne sind natio­na­le Titel für ihn »nur eine Zwi­schen­sta­ti­on«. »Mein gro­ßes Ziel ist Olym­pia«, so Tia­fack, »und dar­auf soll­te eine Pro­fi­kar­rie­re auĩau­en. Das habe ich immer im Hin­ter­kopf. So ver­lie­re ich auch mei­nen Ehr­geiz nicht.« 

Fuß­ball und Bas­ket­ball wur­den ihm langweilig

Sieb­zehn Jah­re nach Sebas­ti­an Köbers Bron­ze­me­dail­le bei der WM in Bang­kok ist da wie­der ein Youngs­ter, der Ver­band, Trai­ner und Insi­der von gro­ßen Din­gen träu­men lässt. Und das alles nur, weil es dem Sohn einer Zuwan­de­rin aus Kame­run beim Fuß­ball wie beim Bas­ket­ball zu lang­wei­lig wur­de – und er etwas Neu­es such­te. Fast hät­te ihn das Schild gestoppt, das er am Gym der SC Colo­nia in Köln­Mün­gers­dorf erblick­te: »Olym­pia­stütz­punkt NRW«. Das schien dem Roo­kie min­des­tens eine Num­mer zu groß zu sein. 

Wen­di­ges Superschwergewicht

Heu­te kann der Gemüts­mensch lachen, wenn er davon erzählt. Oder von sei­nem ers­ten Kampf als Juni­or, als ihm nach der Anfangs­run­de die Pus­te aus­ging. »Danach habe ich mir geschwo­ren: Jetzt kommst du regel­mä­ßig, machst dei­ne Läu­fe und alles … Nur Kraft reicht im Boxen nicht.« In der Tat ver­blüfft der Schütz­ling von Trai­ner Lukas Wila­schek inzwi­schen mit einer Balan­ce und Fle­xi­bi­li­tät, die sein Kampf­ge­wicht von fast 120 Kilo ver­ges­sen lässt. Ide­al wäre jedoch etwas weni­ger: »Wenn ich 115, 114 Kilo wie­ge, haben die ande­ren kei­ne Chan­ce mehr.

Vor­bild Myke Tyson

Vor dem Hin­ter­grund gehört der Durch­star­ter eher zu den Pro­fi­teu­ren der Ver­le­gung des olym­pi­schen Tur­niers: Er kann Kör­per und Geist noch ein Jahr län­ger opti­mie­ren sowie im Ring wei­te­re Rou­ti­ne sam­meln. »Ich hab ja fast nur erfah­re­ne­re Män­ner vor den Fäus­ten«, sagt er tro­cken. Eine Kla­ge ist das aber nicht. Wie sein erklär­tes Vor­bild Mike Tyson (»So ein Kämp­fer­herz haben nicht vie­le!«) kennt auch der Fach­ab­itu­ri­ent kei­ne wei­chen Knie vor der nächs­ten Herausforderung. 

»Ich bin allei­ne mit mei­ner Mut­ter nach Deutsch­land gekom­men«, betont er, »da hat­te ich gar kei­ne ande­re Mög­lich­keit als stark zu sein … Man muss aus den Batt­les im Leben das Bes­te machen. Und ich weiß ganz genau, was mög­lich ist, wenn ich dranbleibe.«



Das gesam­te Team des DBV für die Olym­pi­schen Spie­le in Tokyo: