Gewichtsklasse bis 57 kg
- Ornella Wahner ist 1993 geboren und trainiert am Bundesstützpunkt Schwerin.
- Das europäische Qualifikationsturnier im März 2020 in London wurde coronabedingt abgebrochen, bevor sie ihren ersten Kampf hatte.
- Wenn das Turnier zum Stand seines Abbruchs fortgesetzt wird, wird sie wieder dabei sein.
Das Athletinportrait
Es lebt sich leichter, wenn man schon geliefert hat. Ornella Wahner etwa strahlt die innere Ruhe und Gelassenheit einer Sportlerin aus, die schon mal ganz oben angekommen ist. Sie war 18, als sie in Antalya das WM-Turnier der U19 gewann. Sieben Jahre darauf setzte sie eine neue Marke, als sie in Neu-Delhi als erste deutsche Boxerin die Weltmeisterschaften der Frauen gewann. Die Bilder der enthusiastischen Siegerin (Jg. 1993), die mit ihren ungebremsten Emotionen im November 2018 die 4000 zuschauenden Inder auf ihre Seite zog, gingen einmal um den Globus. Das half ihrem Verband bei den anschließenden Gesprächen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) über künftige Förderung. Und nicht zuletzt ihr selbst, denn »ich habe mir damit bewiesen, dass ich es kann. Dafür habe ich mein halbes Leben lang gearbeitet.«
Weltmeisterin von 2018
Bis zu einem gewissen Grad hat die gebürtige Dresdnerin also einen Haken hinter ihre persönlichen Ziele machen können. Vor dem Hintergrund will sie »für alles, was ich jetzt noch mitnehmen kann, super dankbar« sein. Ausruhen ist damit allerdings nicht gemeint. Ein olympisches Turnier hat im Vergleich zu einem EM- oder WM-Turnier schließlich »eine ganz andere Aufmerksamkeit«, wie sie weiß. Was da passiert, bekommen auch Menschen mit, die sich ansonsten kaum fürs Boxen interessieren, und ist für alle Aktiven »etwas, was man nirgendwo sonst erleben kann«. Dieser Punkt bleibt demnach auf ihrem Zettel. Außerdem ist dieser Sport immer noch »das, was ich liebe«, wie sie in ihrer rundweg positiven Art formuliert. Deshalb »tut es auch nicht so weh, wenn im Training mal eine schwere Einheit ansteht«.
Seit der Kindheit eine Kampfsportlerin
Leichtathletik war die erste Disziplin, in die das Mädchen Ornella einstieg; da war sie fünf Jahre alt und entdeckte insbesondere den Crosslauf für ihren Bewegungsdrang. Mit zehn wechselte sie dann zu den Kampfsportarten und löste damit klassische Reaktionen bei den Eltern aus: »Papi sagte, ›Super!‹, Mami sagte ›Och nö!‹« Von da ab ging die Reise los, vom Kickboxen bis zur Faustfechtkunst. »Ich wurde ja so erzogen, dass, wenn ich etwas mache, es auch vernünftig machen soll«, erzählt sie. In diesem Sinne wechselt sie bald ins Sportinternat nach Berlin, wo sie die einzige Boxerin ist, sowie zum Boxring Eintracht Berlin. Und später noch zum Leistungsstützpunkt nach Schwerin bzw. zu Trainer Michael Timm, von dem sie sagt: »Er weiß, wie man mit Frauen umzugehen hat.«
In Tokyo wird sie zu den Gejagten gehören – ein Ansporn
Dass sie inzwischen nicht mehr Jägerin, sondern Gejagte ist, muss ihr übrigens niemand erklären. »Es ist natürlich für jede ein Anreiz, gegen jemand wie mich gut auszusehen, womöglich zu siegen«, weiß sie, »aber das kann ja auch für mich ein Ansporn sein, noch mal ’ne Schippe draufzulegen.« Ein typischer Wahner-Konter, trocken und ansatzlos, der auch von Geistesgegenwart erzählt.