Gewichts­klas­se bis 51 kg

  • Ursu­la Gott­lob ist 1992 gebo­ren und trai­niert am Bun­des­stütz­punkt Köln.
  • Beim euro­päi­schen Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nier im März 2020 in Lon­don schied sie mit einer Nie­der­la­ge aus dem Wett­be­werb aus, bevor er coro­nabe­dingt abge­bro­chen wurde.
  • Sie hat gege­be­nen­falls nun noch eine zwei­te Qua­li­fi­ka­ti­ons­chan­ce beim Welt­qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nier im spä­ten Frühjahr.

Das Ath­le­tin­por­trait

Bal­lett war nett, zehn Jah­re lang. Aber schon vor dem Abitur woll­te Ursu­la »Uschi« Gott­lob sich lie­ber über Dampf und Kampf erle­ben. Also tum­mel­te sie sich, als sie an die Köl­ner Uni ging, bald in einem Kung­fu-Kurs statt vor der Spie­gel­wand, übte har­te Kicks statt ele­gan­ter Pirou­et­ten – und war »sofort Feu­er und Flam­me«. Eine Lehr­amts-Stu­den­tin, die es gern mal kra­chen lässt und sich dadurch fast bei­läu­fig Grund­la­gen für den Leis­tungs­sport verschafft. 

Boxen statt Ballett

Ihre Fami­lie in dem klei­nen Dorf im Rhein-Sieg-Kreis hielt das zunächst für eine Pha­se. Tat­säch­lich war es für sie ein Start­si­gnal. Heu­te ist Uschi Gott­lob (Jg. 1992) dank­bar für das gute Kör­per­ge­fühl, die Balan­ce und die Dis­zi­plin, die sie aus dem Bal­lett mit­ge­nom­men hat. Die­se Din­ge hat sie auf ihrem Weg in den Box­sport, der danach begann, gut gebrau­chen kön­nen. Und von ihren Eltern kommt inzwi­schen vor­be­halt­lo­se Unter­stüt­zung. »Sie fan­den es zwar nicht toll, wenn ich mit einem blau­en Auge nach Hau­se kam«, erzählt sie. »Aber dann haben sie gemerkt, dass ich die­sen Sport total lie­be und auch ganz gut dar­in bin.« So gut, dass sie 2019 deut­sche Vize-Meis­te­rin (Flie­gen­ge­wicht) und 5. der Euro­pa­meis­ter­schaf­ten (Ban­tam­ge­wicht) wird – mit gehö­rig Luft nach oben.

Eine Lehr­amts­stu­den­tin, die es kra­chen lässt

»Ich tref­fe meist ganz gut, bin dabei aber ein biss­chen unvor­sich­tig und hol mir dann im Weg­ge­hen noch was ab«, weiß die offen­siv ver­an­lag­te Kämp­fe­rin um ihre Defi­zi­te. Dar­an will sie mit Trai­ner Lukas Wila­schek wei­ter­ar­bei­ten. Trotz­dem ist es ermu­ti­gend »zu sehen, wie weit das geht. Das ist für mich noch immer der Wahn­sinn.« Die Qua­li­fi­ka­ti­on zum Tur­nier in Tokio hat sie im ers­ten Anlauf ver­passt; sie hat dabei »nicht so geboxt wie ich das könn­te«. Noch aber gibt es ein, zwei wei­te­re Chan­cen; außer­dem hat sie wei­ter »die­ses Gefühl, dass ich noch was in mir habe … Ich weiß, ich kann da oben was erreichen.«

Tokyo bleibt fest im Blick

Nicht nach­las­sen, auch wenn es gera­de schwie­rig wird: Das hat sie viel­leicht mit Mag­gie Fitz­ge­rald gemein – jener Haupt­fi­gur in Clint East­woods Film »One Mil­li­on Dol­lar Baby«, der sie sei­ner­zeit begeis­tert hat. Die von Hila­ry Swank ver­kör­per­te Boxe­rin mit dem unab­ding­ba­ren Dri­ve ist für sie »eine weib­li­che Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur, die mir gut gefal­len hat«. Ähn­lich wie die­se, ist auch sie ein zier­lich-zähes Ener­gie­bün­del, das in sei­nem Ehr­geiz nicht nach­las­sen will. Da dür­fen die Klas­sen­zim­mer, vor denen sie mal ste­hen wird, ruhig noch eine Wei­le war­ten: »Ich hal­te es ja nicht für unwahr­schein­lich, dass ich doch noch zu den Spie­len kann.«

Das Lehr­amt muss noch etwas warten

Nur dann und wann zieht sich das »Mäd­chen vom Dorf«, so die iro­ni­sche Selbst­be­schrei­bung, von Leis­tung und Sport und all dem Druck zurück. Dann läuft sie nicht in Trai­nings­kluft, son­dern dezent schick und geschminkt her­um und trifft bevor­zugt »Leu­te, die mich in ers­ter Linie als Mensch sehen«. »Das ist wie in einer fes­ten Bezie­hung«, erklärt sie, »da muss man auch ab und zu mal Abstand neh­men, um wie­der neue Ener­gie zu sammeln.«



Das gesam­te Team des DBV für die Olym­pi­schen Spie­le in Tokyo: