David Gkevorkgian war nicht überschwänglich, als er sonntags in der Nachmittagssession sein Viertelfinale im Halbweltergewicht für sich entscheiden konnte – obwohl sein Punktsieg über den Mongolen Bayarkhuu Buyan-Dalai (5:0) zum Ende sehr deutlich ausfiel. Die kleine Fanschar, die sich im Festsaal des Kölner Maritim Hotels um ihn scharte, mochte ihre Euphorie dennoch nicht bremsen. Manche aus der Gruppe waren eigens von Quickborn bei Hamburg, wo der DBV-Starter mit armenischen Wurzeln zu Hause ist, an den Rhein gereist. Sie wurden mit einer der überlegensten Vorstellungen in einer Szenerie, die Gkevorkgian »wie ein Theater« vorkam, entlohnt. Und feierten nach der Urteilsverkündung beinahe so, als habe ihr Hoffnungsträger schon das Turnier abgeschossen. Der hatte selbst allerdings gemerkt, dass er nach fast viermonatiger Wettkampfpause etwas Anlauf brauchte, um auf Betriebstemperatur zu kommen.
Es wird also spannend bleiben in der Frage, welcher DBV-Athlet im Limit bis 63,5 Kilo zum Frühsommer zur ersten Welt-Qualifikation für Olympia reisen darf. Denn auch Gkevorkgians Mitbewerber Assan Hansen konnte sich zwei Kämpfe später gegen einen weiteren mongolischen Boxer knapp durchsetzen (3:2) und bleibt mit seiner Explosivität ein heißer Kandidat. Allgemein war Ringrost aber über den gesamten Tag unterschwellig ein Thema, da sich auch Vorzeige-Athleten wie Magomed Schachidov oder Kevin Boakye-Schumann bei ihren knappen Punktsiegen über zwei norwegische Kontrahenten phasenweise schwertaten. Und die DBV-Boxerinnen gewannen oder verloren am zweiten Wettkampftag fast ausnahmslos hauchdünn – von Halbfliegengewichtlerin Maxi Klötzer (2:3 gegen Finnland) bis zur Bantamgewichtlerin Zeina Nassar (3:2 gegen Mongolei).
»Hauptsache gewonnen«, stellte die selbstbewusste Berlinerin fest, die schon am Vortag im Vergleich mit einer unerfahrenen Kubanerin nicht eben durchgewunken wurde. Im Unterschied zu Gkevorkgian waren ihre vielen Follower jedoch nicht vor Ort: Sie folgen Nassar in sechsstelliger Zahl in den sozialen Netzwerken – und dürfen gespannt sein, wie es bei ihr heute weitergeht. Wer viermal knapp gewinnt, ist am Ende ja auch Turniersieger.
Insgesamt konnten die DBV-Aktiven am Sonntag neun Siege und sechs Niederlagen zwischen den Ringseilen verbuchen. Dabei gewann Delil Dadaev mit einem Abbruchsieg (RSC in Runde 3) im Halbschwergewicht über den Dänen Andre Allmann am spektakulärsten – ist wegen eines Cuts jedoch nicht in der Lage, das vielversprechend aufgenommene Turnier fortzusetzen.
Im Halbfinale boxen heute am 30. Oktober für den Deutschen Boxsport-Verband noch: Zeina Nassar, Canan Tas, Salah Ibrahim, Dabid Gkevorgkian, Assan Hansen, Deniel Krotter und Magomed Schachidov im ersten Halbfinale (14 Uhr), sowie Maxi Klötzer, Stefanie von Berge, Leonie Müller, Murat Yildirim, Kevin Boakye Schumann und Nikita Putilov im zweiten Halbfinale (19 Uhr).
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