Ver­zicht auf Mit­glieds­bei­trä­ge kann Gemein­nüt­zig­keit gefährden

Die Folgen einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit wären weitreichend

Die aktu­el­le Coro­na-Pan­de­mie hat bis heu­te gro­ße Aus­wir­kun­gen auf das Ange­bot der Sport­ver­ei­ne, die ihr übli­ches Ange­bot viel­fach ein­stel­len oder sehr ein­schrän­ken muss­ten. Vie­le Ver­ei­ne haben vor die­sem Hin­ter­grund die Über­le­gung ange­stellt, für einen bestimm­ten Zeit­raum auf den Ein­zug von Mit­glieds­bei­trä­gen ganz oder teil­wei­se zu verzichten. 

Dies ist als Zei­chen des Zusam­men­halts gedacht, denn nicht weni­ge Mit­glie­der befin­den sich durch pan­de­mie­be­ding­te Arbeits­lo­sig­keit, Kurz­ar­beit, Home-Office und Home-Schoo­ling in einer ange­spann­ten Lage. Hier woll­te man nicht aus­ge­rech­net dann noch Bei­trä­ge ein­zie­hen und ein­for­dern, wenn der Ver­ein doch kaum oder gar kei­ne Sport­an­ge­bo­te machen kann.

Doch so gut gemeint sol­che Über­le­gun­gen auch sind: Ein gene­rell aus­ge­spro­che­ner Ver­zicht auf Mit­glieds­bei­trä­ge kann den betref­fen­den Ver­ein in die Gefahr brin­gen, sei­ne Gemein­nüt­zig­keit zu verlieren. 

Aberken­nung der Gemein­nüt­zig­keit kann weit­rei­chen­de Fol­gen haben

Bund, Land und Kom­mu­nen för­dern den Sport in viel­fäl­ti­ger Wei­se – die meis­ten Arten der För­de­rung sind jedoch davon abhän­gig, dass die Ver­ei­ne als gemein­nüt­zig aner­kannt sind. Die Aberken­nung der Gemein­nüt­zig­keit durch das zustän­di­ge Finanz­amt hät­te daher gra­vie­ren­de Kon­se­quen­zen und könn­te u.a. fol­gen­de Berei­che betreffen:

  • Der Ver­ein wür­de in Hin­blick auf Umsatz­steu­er, Gewer­be­steu­er und Kör­per­schafts­steu­er neu bewer­tet. Hier­aus könn­ten For­de­run­gen des Finanz­am­tes entstehen.
  • Der Ver­ein könn­te ggf. gewohn­te und begüns­tig­te Nut­zungs­rech­te kom­mu­na­ler Sport­ein­rich­tun­gen verlieren.
  • Der Ver­ein könn­te sei­ne Trainer*innen wahr­schein­lich nicht mehr auf der Basis der steu­er­lich bevor­zug­ten Übungs­lei­ter­pau­scha­len beschäftigen.
  • Der Ver­ein könn­te wohl auch nicht mehr Mit­glied im Lan­des­ver­band sein. Auch dies ist in der Regel an sei­ne Gemein­nüt­zig­keit gekoppelt.
  • Der Ver­ein wür­de wohl kei­ne Zuschüs­se mehr aus öffent­li­cher Hand oder von Stadt- oder Lan­des­sport­bün­den erhalten.
  • Der Ver­ein könn­te kei­ne Spen­den mehr ent­ge­gen­neh­men, die den Spender*innen steu­er­li­che Vor­tei­le bringen.

Denk­bar ist, dass einem Ver­ein auch rück­wir­kend die Gemein­nüt­zig­keit aberkannt wird. In die­sem Fall könn­te es auch zu rück­wir­ken­den For­de­run­gen beträcht­li­cher Beträ­ge kommen.

Mit­glieds­bei­trä­ge im Ver­ein sind kei­ne Zah­lun­gen für Sportangebot

Doch war­um kann der gut gemein­te Ver­zicht auf Mit­glieds­bei­trä­ge sol­che Fol­gen haben? Um den Sach­ver­halt viel­leicht bes­ser ver­ste­hen zu kön­nen, muss man ver­su­chen, die Ange­le­gen­heit aus der Per­spek­ti­ve des Finanz­am­tes zu betrachten.

Der Mit­glieds­bei­trag eines Ver­eins ist aus­drück­lich kein Ent­gelt für eine kon­kre­te Leis­tung (z.B. das Trai­nings­an­ge­bot des Ver­eins). Er ist viel­mehr die Pflicht des Mit­glieds, die sich aus sei­ner Mit­glied­schaft im betref­fen­den Ver­ein ergibt. 

Erfüllt das Mit­glied sei­ne Pflich­ten (an ers­ter Stel­le eben die Zah­lung der Bei­trä­ge), so ste­hen ihm in der Fol­ge die Rech­te als Mit­glied zur Ver­fü­gung. Anders als vie­le oft den­ken, ist damit jedoch nicht das Recht gemeint, das Sport­an­ge­bot des Ver­eins nut­zen zu dür­fen. Die Mit­glieds­rech­te bestehen in der Haupt­sa­che dar­in, an den Mit­glie­der­ver­samm­lun­gen des Ver­eins teil­neh­men zu dür­fen, dort Aus­künf­te zu erhal­ten (etwa in Form von Berich­ten des Vor­stands), Anträ­ge stel­len und über sie abzu­stim­men zu kön­nen (z.B. über Sat­zungs­än­de­run­gen) und für Ver­eins­äm­ter zu kan­di­die­ren oder Kan­di­da­ten wäh­len zu dür­fen. Die Rech­te eines Ver­eins­mit­glieds ähneln also in gewis­ser Hin­sicht den Rech­ten von Bürger*innen in einem Staat.

Dies unter­schei­det die Mit­glied­schaft in einem Ver­ein ganz wesent­lich von dem Ver­trags­ver­hält­nis, das Sportler*innen in pri­vat­wirt­schaft­lich betrie­be­nen Sport- oder Fit­ness­stu­di­os eingehen. 

In pri­vat­wirt­schaft­lich betrie­be­nen Sport- oder Fit­ness­stu­di­os zahlt man ein Ent­gelt (und eben kei­nen Mit­glieds­bei­trag) für eine Leis­tung (näm­lich das Ange­bot, Sport betrei­ben zu kön­nen) – aber es ent­ste­hen weder Mit­glied­schaft noch Mit­glieds­rech­te. Es ist im Grun­de genom­men ein ganz klas­si­sches Ver­trags­ver­hält­nis wie über­all in der Wirt­schaft. Zahlt der Kun­de (also der Sport­ler) nicht, hat er kei­nen Anspruch dar­auf, trai­nie­ren zu kön­nen. Kann der Lie­fe­rant (also das Sport- oder Fit­ness­stu­dio) sei­ne Leis­tung nicht oder nicht voll­stän­dig erbrin­gen (also die ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Trai­nings­mög­lich­kei­ten bie­ten), hat er kein Anrecht auf die (voll­stän­di­ge) Bezah­lung des Entgelts.

An die­sen Unter­schie­den wird das Pro­blem deut­lich: Wenn Ver­ei­ne nun ganz oder teil­wei­se auf Mit­glieds­bei­trä­ge ver­zich­ten und dies damit begrün­den, dass sie über lan­ge Zeit kein oder nur ein ein­ge­schränk­tes Sport­an­ge­bot bie­ten konn­ten, ver­hal­ten sie sich ganz wie ein gewerb­li­cher Dienst­leis­ter. Sie lie­fern also selbst unge­wollt Indi­zi­en dafür, nicht gemein­nüt­zig zu sein.

Das Finanz­amt wird sol­che Din­ge genau­er prü­fen, denn die Ver­güns­ti­gun­gen, die Ver­ei­nen auf vie­len Ebe­nen gewährt wer­den, sind (durch­aus nach­voll­zieh­ba­rer­wei­se) an deren Gemein­nüt­zig­keit gebun­den. Schließ­lich ist es als Regel­fall auch nicht zu recht­fer­ti­gen, dass gewerb­li­ches und auf Gewinn­erzie­lung aus­ge­rich­te­tes Han­deln aus Steu­er­mit­teln bezu­schusst wird.

Übri­gens: Die Lan­des­ver­bän­de als Zusam­men­schluss der Box­sport­ver­ei­ne sind eben­falls gemein­nüt­zi­ge Ver­ei­ne. Ihre Mit­glie­der sind die ange­schlos­se­nen bzw. ein­ge­tre­te­nen Sport­ver­ei­ne. Für die Ver­bän­de gilt also in die­ser Fra­ge grund­sätz­lich das glei­che wie für Sport­ver­ei­ne ihren Mit­glie­dern gegenüber.

Gemein­nüt­zig
orga­ni­sier­ter Sport im Ver­ein
Gewerb­lich
ange­bo­te­ner Sport in Sportstudios
Zweck: För­de­rung des Sports und der JugendarbeitZweck: Gewin­ne erzie­len durch Sportangebote
Gewin­ne sind nicht bzw. unter stren­gen Gren­zen erlaubt bzw. müs­sen wie­der für den Zweck des Ver­eins ein­ge­setzt wer­den. Sie dür­fen nie­man­dem pri­vat zufließen.

Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se sind einem Ver­ein aber erlaubt. In grö­ße­ren Ver­ei­nen kön­nen das z.B. auch Voll­zeit­stel­len für Trainer*innen sein.

Wegen sei­ner gemein­nüt­zi­gen Aus­rich­tung genießt der klas­si­sche Ver­eins­sport vie­le staat­li­che Ver­güns­ti­gen und För­de­run­gen (z.B. Befrei­un­gen von bestimm­ten Steu­er­ar­ten, Nut­zung kom­mu­na­ler Sport­stät­ten, beson­de­re Beschäf­ti­gungs­mo­del­le etc.)
Gewin­ne sind beab­sich­tigt und erlaubt, da das Sport­stu­dio als Fir­ma betrie­ben wird. Sie kön­nen auch dem Besit­zer zufließen. 

Wegen sei­ner gewinn­ori­en­tier­ten Aus­rich­tung sind Sport­stu­di­os ganz nor­ma­le Gewer­be­be­trie­be und wer­den nicht staat­lich begüns­tigt oder gefördert.

Steu­er­lich wird ein Sport­stu­dio behan­delt wie jeder ande­re Gewer­be­be­trieb. Für die Ein­nah­men durch die Sport­ler muss z.B. Umsatz­steu­er erho­ben und an das Finanz­amt abge­führt werden.

  • Antrag auf Mitgliedschaft
  • Pflicht des Mit­glieds: Ver­eins­bei­trag bezahlen
  • Recht des Mit­glieds: Mög­lich­kei­ten der Mit­be­stim­mung und Mit­wir­kung (z.B. durch Wah­len, Anträ­ge und Abstim­mun­gen auf den vor­ge­schrie­be­nen Ver­samm­lun­gen etc.)
  • Ende der Mit­glied­schaft durch Aus­tritt oder Tod des Mitglieds
  • Der Ver­ein kann Mit­glie­der nicht kündigen
  • Der Aus­schluss von Mit­glie­dern ist i.d.R. nur bei Ver­stö­ßen gegen Mit­glieds­pflich­ten mög­lich (z.B. Beitragsschulden)

  • Ver­trag über bezahl­tes Dienstleistungsangebot
  • Pflicht des Sport­lers: Ent­gelt bezahlen
  • Pflicht des Dienst­leis­ters: Sport ermöglichen
  • Kei­ne Mitbestimmungsmöglichkeiten
  • Ende des Ver­tra­ges durch Ende der Lauf­zeit oder Kün­di­gung des Vertrages
  • Kün­di­gung ist von bei­den Sei­ten mög­lich, in begrün­de­ten Fäl­len auch außer­or­dent­lich und fristlos

Ver­ei­ne kön­nen in Not gera­te­nen Mit­glie­dern den­noch entgegenkommen

Den­noch kön­nen Ver­ei­ne unter unter die­sen beson­de­ren Bedin­gun­gen der Coro­na-Pan­de­mie in Not gera­te­nen Mit­glie­dern ent­ge­gen­kom­men, ohne damit ihre Gemein­nüt­zig­keit aufs Spiel zu set­zen. Die betref­fen­den Mit­glie­der kön­nen beim Ver­ein unter Ver­weis auf ihre wirt­schaft­li­che Not­la­ge bean­tra­gen, für einen bestimm­ten Zeit­raum kei­ne Mit­glieds­bei­trä­ge zah­len zu müssen. 

Es reicht eine glaub­haf­te Dar­stel­lung der Not­la­ge, auf Nach­wei­se und eine Prü­fung durch den Vor­stand kann ver­zich­tet wer­den. Die­se Son­der­re­ge­lung gilt zunächst bis zum 31.12.2021 (schrift­li­che Fra­ge Nr. 236 für den Monat Janu­ar 2021 an das Bundesfinanzministerium).

Wird so ver­fah­ren, stellt sich der Sach­ver­halt dem kri­ti­schen Blick des Finanz­am­tes ganz anders dar: Grund des Ver­zich­tes auf Mit­glieds­bei­trä­ge ist in die­ser Argu­men­ta­ti­on nicht der Umstand, dass eine Leis­tung nicht erbracht wer­den konn­te, son­dern dass ein Mit­glied dar­um bit­tet, wegen einer wirt­schaft­li­chen Not­la­ge für eine bestimm­te Zeit von sei­nen Mit­glieds­pflich­ten ent­bun­den zu werden.

Was tun, wenn schon Bei­trags­ver­zicht gewährt wurde?

Soll­te ein Ver­ein bereits ganz oder teil­wei­se pau­schal auf Mit­glieds­bei­trä­ge ver­zich­tet haben, emp­fiehlt sich in jedem Fall, sich durch Fach­leu­te bera­ten zu las­sen. Ansprech­part­ner könn­ten der Lan­des­sport­bund sein oder Steu­er­be­ra­ter und / oder Rechts­an­wäl­te, die sich mit Vor­gän­gen rund um Ver­ei­ne und Gemein­nüt­zig­keit aus­ken­nen. Die­se Bera­tung kann mit Blick auf die rele­van­ten Details klä­ren, ob tat­säch­lich die Gemein­nüt­zig­keit gefähr­det sein könn­te und wenn dies mög­lich scheint wie nun zu ihrem Erhalt am bes­ten vor­zu­ge­hen ist.

Soll­te ein sol­cher gut gemein­ter Ver­zicht auf Mit­glieds­bei­trä­ge erst in Dis­kus­si­on oder Pla­nung sein, emp­fiehlt es sich, die Sache erst ein­mal zu stop­pen und die Ver­eins­sat­zung dar­auf­hin zu prü­fen, ob sie dies über­haupt ermög­licht. In der Regel sehen Ver­eins­sat­zun­gen dies aller­dings nicht vor.

Es könn­te also eine Über­le­gung sein, die Sat­zung ent­spre­chend zu über­ar­bei­ten. Doch dies will gut über­legt sein, da eine ent­spre­chen­de Rege­lung auch Nach­tei­le haben kann. Hin­zu kommt, dass Sat­zungs­än­de­run­gen nicht unmit­tel­bar nach ihrem Beschluss wirk­sam sind. Sie müs­sen auf einer wirk­sam ein­be­ru­fe­nen und durch­ge­führ­ten Mit­glie­der­ver­samm­lung beschlos­sen und im Anschluss beim zustän­di­gen Amts­ge­richt ein­ge­reicht wer­den. Ein kurz­fris­tig anwend­ba­res Instru­ment, um auf eine aku­te außer­or­dent­li­che Lage reagie­ren zu kön­nen, sind sie also kaum.

Hin­weis: Alle Infor­ma­tio­nen in die­sem Arti­kel die­nen der all­ge­mei­nen Infor­ma­ti­on. Sie stel­len kei­ne Rechts­be­ra­tung im Ein­zel­fall dar, kön­nen und sol­len die­se auch nicht erset­zen. Die ange­schnit­te­nen recht­li­chen Aspek­te sind kom­plex, so dass sich eine Bera­tung durch Fach­leu­te empfiehlt.


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